Die Verfassung von Testamenten ohne professionelle Hilfe, insbesondere beim sogenannten Berliner Testament, bei dem sich Eheleute gegenseitig zu Alleinerben und Dritte, etwa die Kinder, zum Nacherben einsetzen, geht leider oft schief. Roland Wendt, Richter am BGH a.D., hat diese Art der Testamente daher einmal mit Blick auf dessen bekanntesten Film als James-Dean-Testamente bezeichnet und in einem Artikel (ErbR 2015, 466) eine schöne Liste mit missglückten gemeinschaftlichen Testamenten und die teilweise fatalen Rechtsfolgen für die Erben zusammengestellt.
Nun hatte er jüngst auch über einen Beschluss des Kammergerichts, die erstinstanzliche Entscheidung war vom Amtsgericht Neukölln von einem neuerlichen Fall (ErbR, 19, 179) berichtet: Dort hatten die Eheleute in ihrem gemeinsamen Testament unter anderem angeordnet: „Wir setzen uns gegenseitig zu Erben ein. Sollten wir zur gleichen Zeit sterben, so erbt den gesamten Schmuck Frau B …. Alles andere, was wir besitzen, erbt Frau M.“ Kinder hatten die Eheleute nicht. Dann verstarb zunächst der Ehemann und einige Jahre später die Ehefrau. In dem Rechtsstreit ging es darum, ob die den Eheleuten sehr nahestehende Frau M nun Erbin geworden war oder nach der gesetzlichen Erbfolge entfernte Verwandte der Ehefrau.
Gemäß § 133 BGB ist bei der Auslegung eines Testamentes der wirkliche Wille des Erblassers zu erforschen und nicht am buchstäblichen Sinn des Ausdrucks zu haften. Nach dem wirklichen Ausdruck sollte die hier Frau M nur erben, wenn die Eheleute gleichzeitig versterben, was ja nicht der Fall war. Somit würde das Erbe nicht wie zugedacht an Frau M gehen, sondern nach der gesetzlichen Erbfolge an einen ungeliebten Verwandten. Frau M hatte jedoch Glück, denn das Kammergericht war der Ansicht, das Testament sei so auszulegen, dass beide Ehegatten wollten, dass nach ihrer beider Tod die Frau M die Alleinerbin wird, ohne dass es auf einen bestimmten Todeszeitpunkt oder auf eine gemeinsame Todesursache ankommen solle. Dies war aber nur so, weil dieser Wille auch durch Äußerungen der Eheleute zu Lebzeiten gestützt wurde, die durch Zeugen belegt wurden. Andernfalls wäre Frau M wohl leer ausgegangen.
Einen ähnlich problematischen Fall gab es in meiner Kanzlei. Normalerweise ist ein gemeinsames Testament von Ehegatten nach dem Tod eines der Ehegatten bindend, d. h. der andere Ehegatte kann dieses Testament dann nicht mehr abändern. Das ist der Sinn des Berliner Testamentes, man setzt sich gegenseitig zum Alleinerben ein und verfügt aber gleichzeitig, dass etwa die gemeinsamen Kinder beim Tod des zweiten dann alles bekommen. Ohne ein solches Testament würden ja die Kinder in der Regel schon nach dem Tod des ersten Ehegatten die Hälfte des Nachlasses bekommen und der überlebende Ehegatte nur die andere Hälfte. Mit dem Berliner Testament ist dann abgesichert, dass der überlebende Ehegatte nicht etwa sein Haus verkaufen oder belasten muss, um den Kindern ihren Erbteil auszuzahlen. Andererseits aber auch, dass die gemeinsamen Kinder nach dem Tod des zweiten Ehegatten alles bekommen.
In dem genannten Fall hatten sich die Eheleute zwar gegenseitig zum Alleinerben eingesetzt, aber nicht in das Testament hineingeschrieben, dass nach dem Tod des zweiten Ehegatten die Kinder erben sollen. Vielleicht haben sie es vergessen, vielleicht auch einfach als selbstverständlich angesehen. Einige Jahre nach dem Tod des Ehemannes hat die Ehefrau dann ein Kind zur Alleinerbin eingesetzt. Mein Mandant, der Bruder, hat sich darauf berufen, dass ein gemeinschaftliches Testament vom überlebenden Ehegatten nicht mehr abgeändert werden könne, also alle Kinder gleich viel bekommen müssten. Diese Ansicht blieb leider in zwei Instanzen erfolglos. Die Gerichte waren der Meinung, da die Kinder nicht ausdrücklich zum Nach- oder Schlusserben eingesetzt worden sind, bestünde in dem Fall auch keine Bindungswirkung. Das bedeutet, die Frau konnte das gemeinsame Testament nach dem Tod des Ehemannes noch wirksam abändern. Meine Argumentation, dass sich aus den äußeren Umständen und auch aus den weiteren Formulierungen im Testament ergebe, dass die Ehegatten ihre Kinder zu gleichen Teilen zu Schlusserben ein setzen wollten, wurde auch in der zweiten Instanz vom Oberlandesgericht nicht anerkannt. So gab es zum Beispiel eine Pflichtteilsstrafklausel, die ohne Schlusserben keinen Sinn ergibt, aber das nützte nichts.
Aber auch bei einfachen Testamenten passieren Laien leicht Fehler. In einem weiteren Fall in meiner Kanzlei hatte der Erblasser verfügt, dass sein Sohn Alleinerbe sein solle und weiter „der Klaus bekommt den Garten“. Der Garten war ein gepachteter Schrebergarten, Klaus (Name geändert) der Bruder des Erblassers und Hobbygärtner, eine Übernahme des Pachtvertrages durch den Bruder aber nicht ohne weiteres möglich. Der Streit, ob damit die auf dem Gartengrundstück stehende Laube vererbt werden sollte, landete vor Gericht.
Oft scheitern Erblasser auch schon den besonderen Formvorschriften des Testamentes, etwa der Handschriftlichkeit. So hatte ich den Fall eines am Computer geschriebenen und dann ausgedruckten und unterschriebenen Testamentes, welches wegen Verstoßes gegen § 2247 BGB ungültig ist.
Ein selbst verfasstes Testament ist immer ein großes Risiko für die Hinterbliebenen. Die genannten Beispiele belegen exemplarisch, warum ein Testament nicht ohne fachliche Beratung aufgesetzt werden sollte!