Wer gesetzlicher Erbe wäre und durch ein Testament von der Erbfolge ausgeschlossen ist, hat ein Anrecht auf den so genannten Pflichtteil. Dieser beträgt gemäß § 2303 BGB die Hälfte des Wertes des gesetzlichen Erbteils. Dieser Pflichtteil wird ohne jede Beschränkung und Beschwerung gewährleistet, und zwar ausschließlich als Geldanspruch. Er bietet keine dingliche Beteiligung am Erbe und ist vom Erben an den Pflichtteilsberechtigten sofort in bar auszuzahlen.

Streit gibt es häufig um die Ermittlung der Höhe des Pflichtteils. Einzelne Vermögenspositionen, insbesondere Immobilien, werden gerne unterschiedlich bewertet. Hierzu gibt es auch unterschiedliche Berechnungsmethoden. Schulden und Belastungen sind natürlich vom Nachlass abzuziehen. Der Pflichtteilsberechtigte hat gegen den Erben einen Auskunftsanspruch über den Bestand des Nachlasses. Sollte die Sorge bestehen, dass diese Auskunft nicht vollumfänglich und korrekt erteilt wird, kann auch ein amtlich aufgenommenes Verzeichnis verlangt werden. Es gibt außerdem einen Anspruch auf Wertermittlung in Bezug auf den Nachlass.

Von großer Bedeutung sind auch die so genannten Pflichtteilsergänzungsansprüche. Diese sind in § 2325 BGB geregelt. Damit schützt das Gesetz den Pflichtteilsberechtigten davor, dass der Erblasser das Pflichtteilsrecht durch eine Schenkung kurz vor seinem Tod umgeht. Der Pflichtteilsergänzungsanspruch ist der Betrag, um den sich der Pflichtteil erhöht, wenn der Wert des Geschenkes dem realen Nachlass fiktiv hinzugerechnet wird. Der Pflichtteil wird dann also so berechnet, als ob der zu Lebzeiten geschenkte Gegenstand noch zum Nachlass gehören würde. Dies allerdings nur dann vollständig, wenn die Schenkung beim Erbfall noch nicht länger als ein Jahr zurückliegt. Im zweiten Jahr werden 9/10 des Wertes der Schenkung angerechnet, im dritten Jahr 8/10 usw. Nach Ablauf von zehn Jahren bleibt die Schenkung dann unberücksichtigt. Achtung! Diese Frist fängt nicht an zu laufen, wenn der Schenker sich ein Wohnrecht an dem verschenkten Gegenstand beibehält; auch nicht, wenn die Schenkung an den Ehegatten erfolgt!

„Das Gut rinnt wie das Blut“ ist ein alter Spruch, der die dem Pflichtteilsrecht zugrunde liegende Gesellschaftsvorstellung aus dem 19.Jahrhundert gut verdeutlicht. Heutzutage sind Pflichtteilsrechte jedoch häufig problematisch. Insbesondere, wenn es voreheliche oder außereheliche Kinder gibt, die nach dem Tod eines verheirateten Elternteils dann gegen die Witwe oder den Witwer Zahlungsansprüche geltend machen können, die dieses zwingen, etwa das Familienheim zu veräußern. 

Pflichtteilsansprüche lassen sich – jedenfalls ohne einen Verzicht des Berechtigten – nie gänzlich vermeiden. Deswegen heißt es auch Pflichtteil. Es gibt aber, je nach Fallkonstellation, verschiedene Strategien, um Pflichtteilsansprüche – vor dem Erbfall! – zu reduzieren.