Mit einer schriftlichen Patientenverfügung kann jeder festlegen, welche medizinischen Behandlungsmaßnahmen für den Fall, dass er oder sie seine oder ihre Entscheidungsfähigkeit verliert oder sich nicht mehr äußern kann. Häufigster Fall ist hier die Ablehnung von lebensverlängernden Maßnahmen wie künstliche Ernährung, wenn feststeht, dass beispielsweise keine Aussicht auf Wiedererlangung des Bewusstseins besteht. Liegt eine solche Erklärung des Patienten nicht vor oder lassen sich seine Wünsche trotz Patientenverfügung nicht mit ausreichender Klarheit feststellen, ist das Ziel der Behandlung der unbedingte Lebensschutz des Patienten, d. h. die Ärzte werden alles versuchen, um den Patienten so lange wie möglich am Leben zu erhalten.
Das Recht der Patientenverfügung wurde erst im Jahr 2009 umfassend geregelt und ins BGB aufgenommen. Sie hat seitdem erheblich an Bedeutung gewonnen und auch der Bundesgerichtshof hat inzwischen in mehreren Gerichtsentscheidungen Vorgaben für die Erstellung einer wirksamen Patientenverfügung gegeben, die zu beachten sind. Danach muss eine Patientenverfügung inhaltlich hinreichend konkret sein, und zwar sowohl hinsichtlich der Behandlungssituation, in der sie gelten soll, als auch hinsichtlich der dann zu ergreifenden bzw. abzulehnenden ärztlichen Maßnahmen (BGH vom 06.12.2016 XII ZB 61/16). Nicht ausreichend ist etwa eine allgemeine Anweisung wie „ich möchte in Würde sterben“. Auch die Erklärung, keine lebenserhaltenden Maßnahmen zu wünschen, wenn kein Therapieerfolg mehr zu erwarten ist, ist aus Sicht des BGH nicht ausreichend konkret und genügt damit nicht ohne weitere Umstände, um den Abbruch etwa einer lebenserhaltenden künstlichen Ernährung mittels einer PEG-Sonde durchzusetzen (PEG steht für die perkutane endoskopische Gastrostomiesonde – ein künstlicher Zugang durch die Bauchdecke in den Magen, um den Patienten mit Flüssigkeit und Nahrung zu versorgen).
Allerdings dürfen an Patientenverfügungen aus juristischer Sicht auch keine übertriebenen Anforderungen gestellt werden, insbesondere in Bezug auf die Verwendung medizinischer Fachtermini und Detailgenauigkeit, da es die Erklärung eines medizinischen Laien ist. Die Mitwirkung eines Arztes bei der Verfassung der Patientenverfügung ist nicht erforderlich. Wichtig ist aber, dass der Betroffene umschreibend festlegt, was er in einer bestimmten Lebens- und Behandlungssituation wünscht und was nicht.
In der Entscheidung des Bundesgerichtshofes vom 06.07.2016 ging es um eine verwitwete Patientin, die nach einem Hirnschlag eine PEG-Sonde bekommen hatte. Sie war dauerhaft und unumkehrbar nicht mehr in der Lage zu kommunizieren. Die behandelnde Ärztin und eine ihrer Töchter wollten die Ernährung mittels PEG-Sonde fortsetzen, zwei weitere Töchter haben für die Einstellung der künstlichen Ernährung gestritten. Sie haben sich dabei auf die Patientenverfügung berufen, die nach Ansicht des BGH jedoch nicht hinreichend konkret genug war, weil sie keinen Bezug auf die künstliche Ernährung nahm.
In zwei anderen wichtigen Entscheidungen des Bundesgerichtshofs (Beschluss vom 14.11.2018 XII ZB 107/18; Beschluss vom 08.02.2017 XI ZB 604/15) ging es jeweils um dieselbe Patientin, eine Frau, die nach einem Schlaganfall im Jahr 2008, also seit fast 10 Jahren, im Wachkoma lag und künstlich ernährt wurde. Sowohl der behandelnde Arzt als auch der Sohn der Patientin wollten gemäß der Patientenverfügung die PEG-Sonde entfernen und die Frau so sterben lassen. Der Ehemann jedoch stellte sich dagegen und klagte. In ihrer Patientenverfügung hatte die Frau festgehalten, keine lebenserhaltenden Maßnahmen zu wünschen. Das alleine sei, so der BGH, jedoch keine hinreichend konkrete Behandlungsentscheidung, da die Ablehnung der künstlichen Ernährung nicht ausdrücklich genannt wurde. Dass die künstliche Ernährung in diesem Fall dann am Ende trotz der mangelhaften Patientenverfügung aufgrund der Gerichtsentscheidung beendet werden konnte, lag nur an durch Zeugenaussagen belegte Willensäußerungen der Patientin vor ihrem Schlaganfall. So äußerte die Betroffene mehrfach gegenüber verschiedenen Familienangehörigen und Bekannten, angesichts zweier Wachkoma-Patienten aus ihrem persönlichen Umfeld, sie wolle nicht künstlich ernährt werden, sie wolle nicht so am Leben erhalten werden, sie wolle nicht so daliegen, lieber sterbe sie. Außerdem hatte die Betroffene 2008 einmalig die Möglichkeit, trotz Trachealkanüle, zu sprechen. Bei dieser Gelegenheit sagte sie ihrer Therapeutin: „Ich möchte sterben.“
Problematisch war im Fall auch noch, dass die Patientin in ihrer Patientenverfügung den Satz „Aktive Sterbehilfe lehne ich ab“ stehen hatte, worin man einen Widerspruch zu dem Wunsch, die künstliche Ernährung abzuschalten, sehen könne. Bei einer juristischen Betrachtungsweise, so führte der BGH aus, falle der Abbruch der künstlichen Ernährung nicht unter den Begriff der aktiven Sterbehilfe. Aus Sicht der katholischen Kirche müsse der Abbruch der künstlichen Ernährung dagegen als aktive Sterbehilfe gewertet werden. Für den Fall der theologischen Auslegung der Formulierung sei daher eine reine Wortauslegung der Patientenverfügung widersprüchlich.
Die Patientenverfügung der Frau beruhte auf einer Musterformulierung des Bundesjustizministeriums. Der Fall verdeutlichte, dass es nicht ausreichend ist, sich nur auf solche Muster aus dem Internet zu verlassen. Empfehlenswert ist es daher, eine persönliche Patientenverfügung, ggf. mithilfe eines Rechtsanwalts, zu verfassen und hier auch die eigenen ethischen oder religiösen Vorstellungen einzubringen. Wichtig ist auch, die Umsetzung der Patientenverfügung in die Hände eines vertrauenswürdigen Menschen zu legen, den der Betroffene selbst auswählt.
Weiterhin ist beim Verfassen von Patientenverfügungen auf eine saubere und sorgfältige Form zu achten, auch wenn es keine gesetzlichen Vorschriften zur Form gibt. Ankreuzformulare aus dem Internet sind nicht zu empfehlen. Sie bergen das Risiko späterer Veränderungen oder lassen bereits Zweifel an der Glaubwürdigkeit entstehen, wenn Korrekturen enthalten sind. Weshalb die Verwendung eines individualisierten Textes mit einheitlichem Schriftbild, der in seiner Gesamtheit als Patientenverfügung erkennbar ist, die beste Variante ist.
Empfehlenswert ist es, in der Patientenverfügung eine vertrauensvolle Person zu bevollmächtigen, die im Fall der Fälle eine Entscheidung über die Weiterbehandlung anhand der Patientenverfügung trifft. Das wird dann als Betreuungsverfügung bezeichnet. In einer solchen Vollmacht sollte unbedingt auch eine ausdrückliche Aussage zur Frage der Entscheidung über sogenannte freiheitsentziehende Maßnahmen sein. In der Praxis ist es meist die Genehmigung von Bettgittern oder Fixierungsgurten. Man neigt in einem ersten Reflex dazu, niemandem die Vollmacht zu übertragen, solche Maßnahmen gegen einen anzuwenden. Fehlt jedoch so eine Ermächtigung in der Vollmacht, dann wird vom Gericht ein Berufsbetreuer bestellt, der dann diese Entscheidung anstatt der Vertrauensperson für den Betroffenen trifft. Unbedingt zu empfehlen ist auch die Registrierung der Betreuungsverfügung als Vorsorgevollmacht beim Vorsorgeregister der Bundesnotarkammer (Vorsorgeregister.de).